DIY Balkonkraftwerk: Energie von der Sonne

Kostenloser Strom von der Sonne – ein Traum, den sich immer mehr EinfamilienhausbewohnerInnen erfüllen. Aber was ist mit den Mieterinnen und Mietern in einem Mehrfamilienhaus oder den eines Schrebergartens? Auch für diese Personen gibt es eine Lösung mit Solarenergie Stromkosten einzusparen. Und die ist mit einem Balkonkraftwerk gar nicht kompliziert.

Folgender Artikel wurde als Gastartikel von meinem Freund verfasst, der als Elektroingenieur über das notwenige Expertenwissen verfügt und unser Tiny House bereits letztes Jahr mit einer Mini-Photovoltaikanlage ausgestattet hat.

Vorweg: Schon im ersten Absatz und der Überschrift sind einige Begriffe genutzt worden, die für den elektrotechnischen Laien einer Erläuterung bedürfen: Was ist eigentlich Solarenergie, Photovoltaik und was mach das Balkonkraftwerk damit? Solarenergie ist die Energie, die unsere Sonne abgibt. Diese Energie ist Strahlungsenergie in Form von Licht. Eine Photovoltaikanlage kann die Sonnenenergie direkt in elektrischen Strom umwandeln. Üblicherweise werden dafür zehn oder mehr große Platten auf Dächern montiert und erzeugen so Strom für ein ganzes Haus oder mehr. Ein Balkonkraftwerk, auch Mini-Photovoltaikanlage oder Guerilla-PV-Anlage, ist jedoch nicht dafür ausgelegt, Strom für ganze Häuser oder Straßen zu erzeugen, sondern nur um den Stromverbrauch eines Haushalts zu senken. Aber auch wer sich nicht mit viel Bürokratie herumschlagen möchte, ist mit einem Balkonkraftwerk gut bedient. Im Gegensatz zum „großen Buder“ der Photovoltaik-Anlage kann man ohne große Verfahren schnell zu einem Ergebnis kommen.

Wie kommt die Sonne in meine Steckdose?

In Deutschland kommt aus der normalen Steckdose eine Wechselspannung von 230 Volt. Eine Solarzelle jedoch erzeugt eine niedrige Gleichspannung, wie sie beispielsweise aus Batterien oder Akkus kommt. Wie also bekommt man diese beiden sehr gegensätzlichen Spannungsarten zueinander? Dafür wird ein sogenannter Wechselrichter benötigt. Im Falle des Balkonkraftwerks handelt es sich üblicherweise um einen Micro-Wechselrichter. Dieser sorgt dafür, dass die Gleichspannung der Solarzelle umgewandelt wird in Wechselspannung für die Steckdose. Außerdem ist er für die Sicherheit zuständig: Er überwacht dauerhaft, ob er noch an eine Steckdose angeschlossen ist und alle Parameter sicher sind. Im Zweifel stellt er den Betrieb ein, damit kein Schaden entstehen kann.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Auch wenn man mit einem Balkonkraftwerk wesentlich schneller zum selbstproduzierten Strom kommt, als mit einer klassichen Solaranlage, müssen dennoch einige grundsätzliche Bedingungen eingehalten werden. Diese habe ich überblicksartig zusammengefasst:

Die 600 Watt Grenze

Wenn man ein Balkonkraftwerk installiert, darf dieses in Deutschland nie mehr als 600 Watt elektrische Leistung erzeugen. Dies ist also die Leistung, die an der Steckdose ankommt und die Einhaltung dieser Grenze wird durch den Wechselrichter überwacht. Beim Kauf muss man also darauf achten, dass man beispielsweise zwei Wechselrichter mit 300 Watt kauft, oder einen mit 600 Watt. Dies sind übliche Größen.

Nicht zu verwechseln ist diese Angabe mit der Leistung der Solarzellen. Diese Angabe beschreibt, wie viel Leistung dem Wechselrichter zugeführt wird. Man kann durchaus eine Solarzelle mit 400 Watt Ausgangsleistung an einen 300 Watt Wechselrichter anschließen. Dieser ist dann „überbucht“ und wird trotzdem nie mehr als 300 Watt erzeugen. Der Wechselrichter sorgt also dafür, dass nie zu viel Leistung in der Steckdose ankommt.

Korrekter Anschluss

Bei diesem Thema scheiden sich die Geister: Darf man, wie im Rest Europas üblich, die Solaranlage einfach an jede normale Steckdose anschließen? Fakt ist: Alle normgerechten Wechselrichter für Balkonkraftwerke sind sofort aus, sobald man den Stecker aus der Steckdose zieht. Man kann sich also keinen elektrischen Schlag holen. Allerdings gibt es auch die Anschlussrichtlinie „VDE AR-N-4105“. Diese schreibt vor, dass ein Balkonkraftwerk über eine „Wieland-Steckdose“ angeschlossen werden soll. Im Zweifel sollte man dazu die Verkäuferin bzw. den Verkäufer der Solaranlage oder einen lokalen Fachbetrieb befragen.

Meldung der Solaranlage

Die Meldung einer jeden Solaranlage ist verpflichtend und muss an zwei Stellen erfolgen: Einmal im Marktstammdatenregister und einmal beim Energieversorgungsunternehmen. Bei letzterem genügt üblicherweise ein formloser Brief mit Informationen zu Standort und Leistung der Anlage. Einige Versorgungsunternehmen bieten auch schon Formulare im Internet an. Ein Anruf bei der Hotline hilft häufig weiter. Die Meldung beim Marktstammdatenregister ist etwas aufwändiger, da man sich dafür zuerst ein Benutzerkonto anlegen muss. Eine ausführliche Anleitung gibt es hier.

Der richtige Stromzähler

Der Stromzähler kann ein Spielverderber sein, wenn es darum geht ein Balkonkraftwerk zu betreiben. Hat man noch einen alten rotierenden „Ferraris“-Zähler, so muss dieser ausgetauscht werden. Je nach Aufwand kann dieser Tausch zwischen 20 und 130 Euro kosten. Grund dafür ist, dass die alten mechanischen Zähler häufig keine „Rücklaufsperre“ haben. Das bedeutet, sie könnten sich rückwärts drehen. Dies ist aber nach dem deutschen Gesetz Steuerhinterziehung und somit illegal.

Lohnt sich ein Balkonkraftwerk?

Lohnt sich denn ein Balkonkraftwerk in der Praxis überhaupt? Dies hängt vor allem einmal von den Anschaffungskosten ab, aber auch vom Stromverbrauchsprofil des eigenen Haushalts. Für eine 600 Watt Balkonsolaranlage muss man Stand 2022 mit mindestens 800€ Anschaffungskosten rechnen. Darin inbegriffen wären im Rechenbeispiel zwei Solarplatten, ein 600 Watt Wechselrichter und das Anschlussmaterial bis zur Dose. Benötigt man noch eine Wieland-Steckdose kommen weitere rund 30 Euro Materialaufwand hinzu. Für das folgende Rechenbeispiel wird also von etwa 850€ Anschaffungskosten ausgegangen.

Beispiel 1: Perfekte Ausrichtung

Sind die Solarpanele direkt nach Süden ausgerichtet und in einem Winkel von ca. 40 Grad aufgestellt, so kann die Solaranlage optimal über das Jahr hinweg Strom produzieren. So könnte diese Anlage in Berlin in einem durchschnittlichen Jahr ca. 680 kWh an Energie erzeugen. Das entspricht bei einem Kilowattstundenpreis von 33 Cent einem Jahresertrag von ca. 225€. Verbraucht man also vollständig seine selbst erzeugte Solarenergie, rentiert sich die Balkonanlage nach 3 Jahren und 10 Monaten.

Beispiel 2: Am Balkon

Im zweiten Beispiel wird davon ausgegangen, dass die Solaranlage vertikal an einem Balkon befestigt wird. In diesem Fall wird die „Ausbeute“ im Sommer schlechter sein, weil die Sonne hoch am Himmel steht. Im Winter jedoch wird man dem ersten Beispiel gegenüber mehr Energie erzeugen können, da die Sonne tief über dem Horizont steht. In diesem Fall könnte man mit 560 kWh im Jahr an erzeugter Energie rechnen. Das sind immerhin ca. 185€ und die Anlage rentiert sich nach etwa 4 Jahren und 7 Monaten. Problematisch wird es, wenn die Anlage tagsüber verschattet wird. Dann erzeugt die Solarzelle wesentlich weniger Strom als bei direkter Sonneneinstrahlung.

Beispiel 3: Westausrichtung

Nicht immer kann man die Solarzellen optimal ausrichten. Aber auch eine Ausrichtung nach Westen oder Süd-Westen kann gute Erträge bringen. Viele Menschen sind tagsüber auf Arbeit und erst am Nachmittag oder Abend zuhause. Erst dann steigt auch der Stromverbrauch und man kann mit Sonnenenergie „kontern“. Bei einer Ausrichtung nach Süd-Westen mit einem Anstellwinkel von 90 Grad (Balkonbefestigung) können immer noch 540 kWh im Jahr erzeugt werden. Somit hätte sich die Anlage nach 4 Jahren und 10 Monaten rentiert.

In allen Beispielen kann sich die Solaranlage nach weniger als 5 Jahren rentieren. Das ist deshalb wichtig, weil es zumeist 12 Jahre Garantie auf den Wechselrichter und bis zu 25 Jahre Garantie auf die Solarmodule gibt. Gehen wir also von Beispiel 3 und einer Lebensdauer von 12 Jahren aus, so können 7 Jahre und 5 Monate lang kostenlos Strom aus der Anlage bezogen werden, nachdem sich diese bereits vorher selbst abgezahlt hat. Das entspricht einem Stromkosten-Gegenwert von 1320€ – wohlgemerkt im unwirtschaftlichsten Beispiel und ausgehend von der Annahme, dass die Strompreise bei 33 Cent / kWh bleiben. Nachrechnen kann man all meine Beispiele online bei solarserver.de .

Woher weiß ich, wieviel ich produziere?

Um die Energie und Leistung zu messen, die man mit der eigenen kleinen Solaranlage produziert, benötigt man ein Messgerät. Hat man sich für die Einspeisung direkt in eine normale Steckdose entschieden, so bieten sich sogenannte „Energiemonitore“ oder „Stromzähler für die Steckdose“ an. Wer schon eine Fritz!Box der Firma AVM besitzt kann auch eine FRITZ!DECT Steckdose nutzen. Etwas komplizierter wird es, wenn man eine Wieland Steckdose einsetzt. In dem Fall kann man oft auf eine Datenschnittstelle des Wechselrichters zurückgreifen, die notwendigen Funk-Adapter dafür sind aber häufig recht teuer. Alternativ kann eine Elektroinstallationsbetrieb in die Wieland-Steckdose einen „Shelly 1PM“ einbauen, der ähnlich funktioniert wie die „Stromzähler für die Steckdose“ und die Messwerte in einer App darstellt. Dabei handelt es sich um einen kleinen Baustein, der über vorhandenes WLAN Energie und Leistung ausgeben kann.

Was passiert mit nicht verbrauchtem Strom?

Wird die selbstproduzierte Solarenergie nicht sofort selbst verbraucht, fließt sie ins allgemeine Stromnetz ab. Diese Energie ist für den Eigenverbrauch leider verloren, aber sie erhöht automatisch den Ökostromanteil in eurer Straße! Leider zählt der Stromzähler in Deutschland in dem Fall nicht zurück, man gibt die produzierte Energie also kostenfrei ab. Unserer Erfahrung nach kann man zwischen 65 und 85 % der selbstproduzierten Solarenergie auch direkt selbst nutzen, weil viele Geräte im Haushalt immer Strom verbrauchen. Wenn man im Homeoffice arbeitet und tagsüber am PC sitzt, kann diese Rate sogar noch steigen.

Solaranlage fürs Tiny-House

Auch wir haben Ende 2021 eine Mini-Photovoltaikanlage für unser Tiny House installiert, damit wir unseren Energiebedarf aus dem Stromnetz senken können. Diese befindet sich wegen der besseren Ausrichtung jedoch auf einem Garagendach, statt direkt auf unserem Häuschen. In den ersten 6 Monaten des Jahres 2022, die wohlgemerkt sehr sonnig waren, konnten wir bereits 397 kWh eigenen Strom produzieren, den wir zu ca. 70 % auch direkt selbst genutzt haben. Somit haben wir ca. 280 kWh allein im ersten Halbjahr gespart. Dies entspricht bei unserem Stromtarif rund 90€ realer Ersparnis. Bei gleichbleibender Verteilung der Sonnenenergie können wir also mit 180€ weniger Stromverbrauch im Jahr rechnen.

Zu der Zeit, als wir unsere Solaranlage gekauft haben, waren die Preise noch niedriger. So kostete uns eine Solarzelle mit Wechselrichter etwa 280€, beide somit 540€. Diesen Angebotspreis wird man wohl so bald nicht wieder finden, aber es lohnt sich, immer einmal einen Blick auf die Angebote diverser, oft bereits auf Balkonkraftwerke spezialisierter Unternehmen, zu werfen. Werden das Jahr 2023 und 2024 noch einmal so sonnenreich, wie Anfang 2022, haben wir unsere Investitionskosten nach nur 3 Jahren wieder hereingeholt und ab dem Moment ist der Strom wirklich gratis.

Weitere Artikel zum Bau und Ausstattung unseres Tiny Houses sind hier zu finden.

Ertrag des Balkonkraftwerks steigern

Wem all das noch nicht reicht, kann mit einfachen Mitteln den Ertrag der Solaranlage weiter steigern. Wer beispielsweise seine Solarpanele auf einem Flachdach installiert, kann die Halterung so bauen (oder kaufen), dass diese 2 oder 3 mal im Jahr in der Neigung verstellt werden kann. Auf diese Weise kann man im Winter mit einer fast vertikalen Anordnung mehr Energie einsammeln und im Sommer die Panele wieder flach hinlegen. Wichtig ist es auch, die Panele zu reinigen. Wenn mal wieder „Saharastaub“ oder einfach große Mengen Pollen in der Luft sind, kann die Leistung eines Solarpanels über 20 % einbrechen, weil sich eine Dreckschicht bildet. Dann hilft der Gartenschlauch oder ein Lappen, um wieder freie Sicht auf die Sonne zu gewährleisten.

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