Die Zukunft der Wälder

Die Zukunft des Waldes

Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Gastartikel von Sophia Remler, der in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Forstwirtschaftsrat e. V. entstanden ist.

Ich bin Sophia, lebe gerade in Berlin und fühle mich hier eigentlich ziemlich wohl. Ganz oft sehne ich mich aber nach dem Landidyll und den Wäldern direkt vor der Haustür. Aufgewachsen bin ich in einem ganz kleinen Dorf in Unterfranken, für mein Studium der Forstwissenschaften kam ich dann nach Dresden und für die Arbeit beim Deutschen Forstwirtschaftsrat e. V. (DFWR) bin ich dann in das große Berlin gezogen. Der DFWR gibt allen mit der Forstwirtschaft und dem Wald befassten Akteur/-innen in Deutschland eine Stimme und setzt sich für die Interessen und Belange einer nachhaltigen Forstwirtschaft ein, denn Wald in Deutschland hat viele unterschiedliche Besitzer.

Beim DFWR bearbeitete ich mit einem Kollegen das Projekt Klimaschutzbeitrag von Wäldern mit multifunktionaler und nachhaltiger Bewirtschaftung kurz KliWaBe, das über den Waldklimafonds unter der Federführung des Bundesministeriums für Umwelt und des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft gefördert wird. Unser Projektziel ist den Zusammenhang zwischen Forstwirtschaft und Klimaschutz zu kommunizieren und dabei die Zusammenhänge und die Notwendigkeit der Waldbewirtschaftung bewusst machen sowie die Akzeptanz stärken.

Dem Wald wird eine Schlüsselrolle im Klimawandel zugesprochen, aber wie geht es den Wäldern in Deutschland eigentlich?

Richtig, unsere Wälder, deren Bewirtschaftung und die Nutzung des Rohstoffes Holz hier in Deutschland haben eine Schlüsselrolle für das Erreichen unserer Klimaziele inne. Warum das so ist, lässt sich so erklären: Pflanzen betreiben Photosynthese, sie wachsen und nehmen dabei das klimaschädliche Treibhausgas CO2 aus der Atmosphäre auf. Das Kohlenstoffdioxid wird beim Wachsen der Atmosphäre entzogen und der Kohlenstoff im Holz gespeichert. Durch die Bewirtschaftung wird der Wald außerdem gepflegt und Holz zur Verfügung gestellt. In Holzprodukten, wie Holzgebäuden und Möbeln, bleibt Kohlenstoff übrigens auch fixiert und wird so dem Kreislauf von Werden und Vergehen draußen im Wald entzogen. Zersetzt sich Holz nämlich im Wald, dann wird wieder CO2 frei. Holz ist nicht nur ein unglaublich vielseitiger Rohstoff, sondern auch der Rohstoff der Zukunft.

Der Klimawandel hat auch bei uns ein Gesicht bekommen. Hart, aber wahr: Wald in der Größe des Saarlandes ist abgestorben oder nicht mehr als Wald zu erkennen.[1] Es wird immer wärmer und trockener wird und auch Stürme treten immer häufiger auf.  Ein Hitzerekord jagt den nächsten und man könnte glatt das Gefühl bekommen, dass ab sofort jedes Jahr mit neuen Extremtemperaturen in die Geschichte eingeht. 2020 war das zweitwärmste Jahr seit Beginn der flächendeckenden Wetteraufzeichnungen. Nur das Jahr 2018 war noch heißer. Die Jahre 2014 und 2019 liegen auf Platz drei und vier einer traurigen Rekordliste. Die Bäume sind zunehmend geschwächt und eine Entspannung gab es bisher auch nicht.

Fichten und Buchen leiden besonders stark

Ein sehr kleines Insekt, die Borkenkäferart mit dem Namen Buchdrucker, nutzt die durch Wassermangel geschwächten Fichten für seine Vermehrung aus. Die Bäume können nicht mehr genug Harz bilden, um sich damit gegen den Schädling zur Wehr zu setzen und dieser findet unter ihrer Rinde Orte, um zu brüten und zu fressen. Borkenkäfer bringen seit 2018 massenweise Fichten zum Absterben. So klein, doch so erfolgreich: ein einziges Weibchen kann in einem Jahr bis zu 100.000 Nachkommen erzeugen und schon 300-400 dieser Winzlinge reichen aus, einen großen Baum absterben zu lassen. Die Trockenheit lässt aber auch Buchen leiden. Wird es Ihnen zu trocken, dann werfen sie ihr Laub ab. Ein Mechanismus, um sich vor Wasserverlust durch Verdunstung über die Blätter zu schützen. Wird dieser Schutzmechanismus in mehreren Jahren aktiviert, dann wird es problematisch: Die Nährstoffspeicher des Baumes gehen zur Neige, und er hat zu selten Blätter, um sie durch Photosynthese wieder aufzufüllen. Auch der toleranten Kiefer wird es mancherorts zu viel – ein Nadelbaum, der eigentlich an trockene Standorte gewohnt ist.

Trockenheit und Hitze schwächen die Bäume und sorgen dafür, dass Insekten und auch Pilze ein leichtes Spiel haben. Bäume und Wälder sterben ab und verändern sich. Durch den Klimawandel wird der Waldumbau weiter vorangetrieben, an dem Waldbesitzer/-innen schon seit Jahrzehnten arbeiten. Unter dem Waldumbau versteht man die Anpassung der Wälder an das sich verändernde Klima: Die Struktur und auch die Baumartenzusammensetzung der Wälder wird hier durch aktives Handeln, z.B. Pflanzungen beeinflusst. Mischwälder aus verschiedenen Baumarten entstehen. Eine sehr langwierige Aufgabe, wenn man bedenkt, dass ein Baum über ein Menschenleben benötigt, bis er zur Ernte ansteht. Das Holz, das anfällt können wir vielfältig nutzen und somit wieder einen wesentlichen Teil zum Klimaschutz beitragen. Leider ist es momentan aber so, dass der Holzmarkt übervoll ist mit Bäumen, die dem Klimawandel und den Borkenkäfern zum Opfer gefallen sind. Das Holz lässt sich gerade schwer vermarkten. Das bringt viele Waldbewirtschafter/-innen in eine finanziell schwierige Situation. Gerade jetzt brauchen sie das Geld aber, um die Wälder weiter zu pflegen und für den Klimawandel fit zu machen.

Gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern? Was für Wälder brauchen wir für die Zukunft?

Ja es gibt Unterschiede zwischen den Bundesländern. Die Wälder und die vorherrschenden Verhältnisse in Deutschland unterscheiden sich. Niederschlag, Sonneneinstrahlung, Bodenart und Seehöhe beeinflussen die Bedingungen vor Ort.  

Unternehmen wir in Gedanken mal eine Zugreise durch Deutschland. Wir starten in München und haben die Alpen im Rücken. Unsere Fahrt endet an der Küste.  Unter uns verändern sich die Böden und ihre Fähigkeit Wasser zu speichern. Die Topografie beeinflusst den Niederschlag: Zum Beispiel staut sich an vielen Mittelgebirgen die meist vom Meer kommende feuchte Luft, während es dahinter auch Gegenden gibt, die im Regenschatten liegen. An den feuchtesten Orten regnet es deswegen im langjährigen Mittel mehr als dreimal so viel als an den trockensten Orten. Auch bei der Sonne bemerken wir, dass sie sich nicht überall gleich oft blicken lässt. Selbst der Wind weht nicht überall gleich. Diese ungleichen Verhältnisse eignen sich verschieden gut für die verschiedenen Pflanzen und Bäume. Das ist die Erklärung, warum der Wald nicht gleich aussieht und sich an verschiedenen Orten aus verschiedenen Baumarten zusammensetzt.

DEN EINEN Wald gibt es gar nicht.

Gerade lernen alle, die mit dem Wald arbeiten, viel über die Anpassungsfähigkeiten unserer heimischen Bäume. Manche Baumarten schlagen sich gut und sind bereits besser an den Klimawandel angepasst, andere weniger gut. Zusätzlich erforscht die Wissenschaft Bäume, die bisher in Deutschland noch selten sind, z. B. Esskastanien, Libanonzeder, Orientbuche oder der Riesenlebensbaum.

Für die Gestaltung der Wälder der Zukunft setzt man in Deutschland auf Mischwälder. In Mischwäldern verteilen sich die Risiken durch den Klimawandel auf verschiedene Baumarten. Es ist schwierig vorherzusagen, wie sich das Klima innerhalb eines Baumlebens weiter verändern wird – 80 bis 100 Jahre sind eine lange Zeit. Und manche Bäume, wie Eichen, werden noch viel älter.

Wie sollen wir mit dem Wald umgehen und ihn schützen? Dürfen wir Holz eigentlich noch nutzen?

Eine Aufgabe der Forstwirtschaft ist es, den Wald an die Veränderungen anzupassen. Das Ziel sind stabile und vitale Wälder, zusammengesetzt aus einer Vielzahl an Bäumen – heimischen und gegebenenfalls auch nicht-heimischen – die mit dem zukünftigen Klima zurechtkommen und deren Holz wir nutzen, um so das Klima weiter zu schützen. Den Wald im großen Stil ungenutzt und unbewirtschaftet zu lassen, ist keine Lösung. Der Wald in Europa wird seit Jahrtausenden genutzt, und bietet ein sehr großes Potential hinsichtlich Klimaschutz mit seinem nachwachsenden Rohstoff. Holz aus Ländern zu importieren, in denen es dem Wald möglicherweise schlechter geht und er weniger pfleglich, bzw. nachhaltig behandelt wird ist keine Lösung. Die gesetzlichen Bestimmungen sind in anderen Ländern größtenteils schwächer als hier, in Deutschland. Auf Holz zu verzichten ist keine Lösung, denn Holz hat Stärken als nachwachsender und heimischer Rohstoff, der klimaschädliche Stoffe aus endlichen Quellen (Stahl, Beton, fossile Energieträger) ersetzt und Kohlenstoff speichert. Und oftmals kann man dort, wo z.B. eine Fichte gefällt wird, dann direkt Bäume pflanzen, die gemäß der Klimaprognosen an diesem Standort eine bessere Zukunft hat, z.B. Eichen. Waldbesitzende in Deutschland übernehmen Verantwortung für Wald und somit auch den Klimaschutz, seit Jahrzehnten.

Ob wir Holz also nutzen dürfen? Ja, unbedingt – für den Klimaschutz! Das sieht übrigens auch der berühmte Klimaforscher Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joachim Schellnhuber so, der sich ausspricht für die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energiequellen und das Ersetzen von endlichen Baustoffen durch Holz. [2] Vor allem im Bereich des Bauens mit Holz bieten sich hier große Potenziale, die wir nutzen sollten, um das berühmte Zwei-Grad-Ziel zu erreichen.

Was jeder von uns tun kann?

Holz aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung nutzen 🙂 Die Lösung beginnt aber natürlich wie bei den meisten anderen großen Problemen auch hier in vielen kleinen Schritten. Den eigenen Ressourcenverbrauch drosseln. Das eigene Verhalten in den Bereichen: Wohnen, Ernährung, Reisen und Co. hinterfragen. Zertifizierte, regional erzeugte Holzprodukte kaufen und nutzen. Energieeffizient mit Holz, statt mit Öl heizen und dabei die Emission von fossilem Kohlenstoff vermeiden. Bei der Freizeitgestaltung im Wald mit dem eigenen Verhalten keinen „Schaden anrichten“: Hunde anleinen, auf den Wegen bleiben, Tiere nicht stören, Bäume nicht beschädigen, Müll wieder mitnehmen, keinen Grünschnitt ablagern etc. So kann jeder von uns dazu beitragen, den Wald nicht noch zusätzlich zu belasten.


[1] Seit Beginn des Jahres 2018 sind in Deutschland 160 Millionen Kubikmeter Schadholz angefallen (Ursache: Stürme, Dürre, Waldbrände, Borkenkäfer). Man geht von einer Fläche von 245.000 Hektar aus, die wiederbewaldet werden muss. Schwerpunkte der Schäden findet man in: Thüringen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. Aus: Presseerklärung Nummer 40 des Bundeministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 26.02.2020.
[2] Vortrag: „Können wir uns aus der Klimakrise herausbauen?“, Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joachim Schellnhuber. 16.04.2020, zuletzt aufgerufen am 26.01.2021 auf YouTube.

2 Replies to “Die Zukunft der Wälder

  1. Interessantes und wichtiges Thema. Was hier leider außer Acht gelassen wird, ist der Schaden, der aufgrund der Forstwirtschaft entsteht und warum das der Grund für Borkenkäfer und etliche Waldbrände pro Jahr ist. Unsere natürlichen Mischwälder gibt es kaum noch, dafür Nadelholzplantagen, die hier nicht hingehören und auch die Temperaturen und die Luftfeuchtigkeit sowie den Wasserspeicher im Wald nicht leisten können. Dazu kommt die Bewirtschaftung mit großen Maschinen, die den Boden für zig Jahre komprimieren, damit entwässern und somit noch mehr Schäden anrichten.
    Informativ dazu ist der Podcast von Peter Wohlleben „Peter und der Wald“ oder auch seine zahlreichen Bücher und sein social media Account.
    Wir brauchen mehr natürlichen Wald und mehr Laubbäume und nicht noch mehr „Streichhölzer“ und Plantagen für wirtschaftliche Nutzung.

    1. Hallo Anna,
      Danke für Deine Meinung. Seit mittlerweile drei Jahren führen Extremwetterereignisse mit Hitze und Dürre zu Schäden an unseren Wäldern. Dies betrifft sowohl Nadel- als auch Laubbäume. Umso wichtiger ist es jetzt auch unsere Wälder an den Klimawandel anzupassen und aktiv in klimastabile Mischwälder umzubauen. Das passiert übrigens schon seit Jahrzehnten. Die Bundeswaldinventur (BWI) zeigt die Ergebnisse dieser Arbeit durch die Zunahme von Mischwäldern. Während der Anteil von Nadelwäldern in jüngeren Wäldern stark zurückgeht, nimmt der Anteil der Laubwälder deutlich zu. Beispielsweise nahm der Flächenanteil der Fichte zwischen 2002 und 2012 um sieben Prozent ab und ein weiterer deutlicher Rückgang nach den Dürrejahren ist zu beobachten. Richtig ist auch, dass es noch viel zu tun gibt. Denn Bäume wachsen verhältnismäßig langsam und einen Wald in einen gestuften Mischwald umzuwandeln, kann über eine Generation dauern.

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